Bocks – Woher stammt der Name?
Gibt man den Namen Bocks in einer der Internet-Suchmaschinen ein, erhält man auf die Frage nach der Wortherkunft keine befriedigende Antwort. In der Regel erscheinen mangels übereinstimmender Suchergebnisse nur Hinweise auf die Namen Bock oder Box. Auch auf einschlägigen Webseiten von Ahnen- und Namensforschungsportalen oder Heraldikern erhält man nur hin und wieder den Hinweis, dass es sich um eine Abwandlung des Begriffs „Bock“ handeln könnte, evtl. die Genitivform wie in Bocksbeutel oder Bockshorn.
Dr. Ernst Brasse hat in seinem Werk Die Familiennamen in M.-Gladbach und Umgegend bis zum Schluss des sechzehnten Jahrhunderts den Versuch unternommen, die in Mönchengladbach vorkommenden Familiennamen aufzuführen und deren Herkunft zu erläutern. Das wird wohl keine abschließende Aufzählung sein, aber auf Seite 27 dieses Werkes lässt er sich darüber aus, dass Vergleiche mit Tieren oft vorkamen. Hier sei zitiert:
„Ähnlich ist es mit den Namen Bock, Bocks (vgl. Stamm bod) und Stier.“
(Der germanische Wortstamm bod bedeutet „gebieten, herrschen“)
Jetzt sind wir dadurch nicht wesentlich schlauer, aber immerhin erfahren wir, dass der Name Bocks auch schon vor Ende des sechzehnten Jahrhunderts in MG zu finden und erwähnenswert war.
Wenn man sich Telefonbucheinträge anschaut, wie der Name Bocks über die Republik verteilt ist, stellt man fest, dass der weitaus größte Teil in oder um Mönchengladbach herum lebt. Das lässt zumindest die Vermutung zu, dass der Ursprung des Familiennamens aus diesem Raum stammen könnte.
Die Geschichte der Nachnamen in Deutschland begann generell im 12. Jahrhundert. Bis dahin hat es gereicht, den Vornamen eines Einwohners zu kennen, um ihn eindeutig identifizieren zu können. Auf Grund des sprunghaften Bevölkerungswachstums musste man plötzlich zwischen mehreren Personen gleichen Vornamens unterscheiden. Dazu wurden zunächst die Vornamen mit Zusätzen wie dem ausgeübten Beruf, der Herkunft, manchmal auch dem Aussehen oder anderen beschreibenden Merkmalen versehen. Diese Beinamen wurden noch nicht „vererbt“, das heißt es handelte sich noch nicht um bleibende Nachnamen. Erst ab dem 14. Jahrhundert begann man ausgehend von den großen Städten, den „Beinamen“ dauerhaft an die nächste Generation weiterzugeben. Je ländlicher das Gebiet war, desto länger hat diese Vorgehensweise gebraucht, bis sie auch dort umgesetzt wurde – teilweise bis ins 17. und 18. Jahrhundert hinein.
Die Aufzeichnungen über Geburten, Heiraten und Todesfälle beginnen in den für Mönchengladbach noch vorhandenen Unterlagen in der Regel um die Zeit des 30-jährigen Krieges. Vieles wurde wohl in den Kriegswirren verbrannt oder entwendet, so dass kaum noch Aufzeichnungen vor dieser Zeit existieren. Oder es gab sie schlichtweg nicht. Ein kommunales Meldewesen existierte weitestgehend noch nicht und wurde erst durch die Franzosen ab dem Jahr 1798 im Rheinland etabliert. Schriftliche Überlieferungen über die Bewohner von Stadt und Umland stammen daher bis 1798 überwiegend aus kirchlichen Büchern. Die ältesten für Mönchengladbach frei zugänglichen Aufzeichnungen außerhalb des Klosters und den einschlägigen Archiven stammen aus der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Maria Himmelfahrt und beginnen im Jahr 1583. Diese war für lange Zeit die einzige Pfarrkirche des gesamten Umlandes, so dass die Aufzeichnungen recht umfassend sein müssten. Der Anteil protestantischer Einwohner an der Gesamtbevölkerung in Mönchengladbach war eher gering. Und da man im Glauben fest verwurzelt war, wurden vom Pfarrer möglichst alle Kinder getauft, alle Ehebündnisse geschlossen und allen Sterbenden das letzte Sakrament erteilt, so wie es die römisch-katholische Kirche und vielleicht auch der Prior des allmächtigen Gladbacher Klosters es verlangten. Und all dies wurde nach bestem Wissen und Gewissen schriftlich festgehalten. Auch diese Aufzeichnungen sind nicht vollständig. Es gibt einige Lücken, entweder weil in den Kirchenbüchern Einträge nicht mehr identifiziert werden konnten oder Seiten fehlten.
In den Aufzeichnungen befindet sich allerdings eine der größten Herausforderungen für das Auffinden von Vorfahren. Denn lesen und schreiben konnten damals nur sehr wenige Menschen, und reden bzw. zuhören scheinbar ebenso wenige. Daher schrieb der Schreiber, was er hörte, und manchmal wohl auch nur das, was er kannte oder hören wollte. Zudem hat es wohl über die Epochen Schreibmoden gegeben, soll heißen, zu gewissen Zeiten war es schick, statt einem „s“ ein „ß“ zu schreiben, Buchstaben zu doppeln, wo vorher nur einer war und umgekehrt oder Buchstaben durch hinzufügen von „h“ oder „e“ oder „i“ zu dehnen. Manchmal wurde der Familienname im gleichen Eintrag des Kirchenbuches, aber auch in den standesamtlichen Unterlagen unterschiedlich geschrieben. Eine weitere Hürde besteht darin, dass im Rheinischen der lateinische oder hochdeutsche Name eine eigenständige Entsprechung besaß und konsequent verwendet wurde. Erst ab Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die hochdeutschen Namen aufgeschrieben, insbesondere bei den weiblichen Vornamen. So hat z.B. der Name Gertrud die rheinischen Entsprechungen
Cheet, Dreutgen, Dröck, Drück, Drutgen, Drütgen, Gerdrud, Gerdruda, Gerdrudt, Gerdruid, Gerdruy, Gertruid, Gertruidt, Gertruyd, Getrudis, Gieretgen, Giertge, Giertgen, Gürdröck, Jüedröck, Traut, Trautchen,
und alle Formen kommen in den Namensregistern vor. Eine Liste der rheinischen Namen mit ihren hochdeutschen Entsprechungen ist im Internet zu finden.
Die nächste Herausforderung, den richtigen Vorfahren zu finden, besteht darin, dass zu Beginn der Aufzeichnungen Nachnamen existierten, die irgendwann in ihrer Form aufgelöst wurden. Fand man zunächst noch viele Namen wie tho Hamer, then Nehspen, tho Plues, ter Schuren, uff Hosten, zu Dahm, auffm Feld, an gen Endt, so verschwanden diese Namensformen zwischen 1600 und 1650 fast gänzlich. Möglicherweise hat es durch die neuen Landesherren eine Namensreform gegeben. Bei einigen Namen wurde nun der erste Namensteil einfach weggelassen (z.B. das ter, tho, auffm oder uff), bei anderen wurden die Bestandteile des Namens einfach zusammengezogen (z.B. Tohammer, Angenendt). Der überwiegende Teil der Gladbacher Stadt- und Landbevölkerung besaß aber schon damals den, von den oben genannten Varianten durch den Kirchenbuchschreiber mal abgesehen, heute noch gebräuchlichen Nachnamen. Zu guter Letzt ist die Entzifferung des Aufgeschriebenen eine echte Herausforderung. Bis in die 1930-er Jahre wurde die sogenannte Kurrentschrift verwendet. Diese Schrift ließ sich durch den Schreiber hervorragend individualisieren, worunter die Lesbarkeit deutlich leidet.
Was hat das alles mit dem Namen Bocks zu tun? Bereits 1589 taucht in den Urkunden ein gewisser Hein Bocks auf, der am 07. Januar seine Elsken auff Hochsten geheiratet hat. Zeuge war damals ein Mann mit dem Namen Vit auff Schloet. Der Name Bocks lässt sich also schon sehr früh in den Aufzeichnungen nachweisen und untermauert die Aussage von Dr. Brasse, dass der Name bereits vor dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts in MG existiert hat. Ob es sich bei Hein Bocks um einen Verwandten handelt, steht leider nicht fest, weil sich die Vorfahrenslinie bis dahin (noch) nicht nachweisen lässt. Zwischenzeitlich macht die Linie Bocks einen Abstecher Richtung Niederlande. Der Umstand irritiert, da in den Niederlanden kein erhöhtes Aufkommen des Namens Bocks existiert. Die Suche nach Vorfahren mit dem Namen Bocks wird dadurch leider nicht leichter.
Wenn man aber nach Vorfahren sucht, dann findet man natürlich neben dem eigenen Nachnamen viele weitere in der Ahnenliste. In der zehnten Vorgängergeneration in direkter Linie meines Vaters ist der Name Bocks (im besten Fall) nur noch einer von 1.024.
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